Saison-Fazit der Schiedsrichter 2024/2025

Kirchdorf – Die Fußballsaison neigt sich dem Ende zu: Die Auf- und Absteiger stehen weitgehend fest, die Pokalendspiele stehen vor der Tür – danach ist erstmal Zeit zum Durchschnaufen. Nicht aber für die Schiedsrichter. Für sie gibt es nahezu keine Sommerpause. Nico Harzmeier, Vorsitzender des Schiedsrichter-Ausschusses im Fußballkreis Diepholz, nimmt sich dennoch Zeit für ein ausführliches Saisonfazit – und kündigt eine neue Regel an.
„Umgang muss noch besser werden“
INTERVIEW: Kreis-Schiri-Chef Nico Harzmeier blickt zurück – und voraus
Herr Harzmeier, wie froh sind Sie und Ihre Schiedsrichter-Kollegen, dass jetzt Sommerpause ist?
Grundsätzlich sind wir alle froh, dass die Saison vorbei ist. Aber eine richtige Pause haben wir gar nicht. Nächstes Wochenende sind die Jugendpokalendspiele und danach die Woche geht’s mit den ersten Sportwerbewochen schon wieder los. Richtig Pause haben wir erst im Winter.
Wie fällt Ihr Fazit zur Saison 2024/25 aus?
Definitiv positiv. Wir konnten die Zahl der aktiven Schiedsrichter mit 285 konstant halten im Vergleich zum Vorjahr.
Was hat besonders gut funktioniert?
Wir sind besonders mit der Entwicklung unserer Schiedsrichter zufrieden. Das hängt vor allem mit unserem Beobachtungs- und Patenwesen zusammen, was wir schon seit Jahren betreiben und immer weiter intensivieren. Wir haben in der letzten Saison 126 Beobachtungen durchgeführt und werden auf 130 Pateneinsätze kommen. Das sind beides absolute Rekordzahlen für uns. Darauf bin ich megastolz.
Erklären Sie doch mal, wie eine Beobachtung in der Praxis funktioniert.
Ein Beobachter wird zu einem Spiel angesetzt, ohne dass der Schiedsrichter davon im Vorfeld weiß. Am Spielort stellt sich der Beobachter kurz vor, hält sich dann aber wieder zurück. Nach dem Spiel setzen sich Beobachter und Schiri-Gespann zum Feedbackgespräch zusammen. Das dauert so zwischen zehn Minuten und einer halben Stunde, je nach Spielverlauf. Im Nachgang schreibt der Beobachter seine Eindrücke nach verschiedenen Kategorien im dfb.net zusammen, sodass am Ende eine Punktzahl herauskommt. Wobei ich sagen muss, dass diese Zahl bei uns im Kreis gar nicht so entscheidend ist. Wir sind auch mal „froh“, wenn ein Schiedsrichter eine schlechte Punktzahl erhält, er dadurch aber viel mehr für seine nächsten Spiele mitnehmen kann.
Eine heiß diskutierte Neuerung war die sogenannte „Kapitänsregel“: Wie hat die Umsetzung funktioniert?
In meiner Wahrnehmung hat es sehr gut funktioniert. Natürlich war es in den ersten Spielen vielleicht etwas holprig, weil alle sich daran gewöhnen mussten. Vonseiten der Spieler hat man zu Beginn eine sehr große Zurückhaltung erlebt, nach dem Motto: „Ich darf jetzt gar nichts mehr sagen.“ Was ja gar nicht der Fall ist. Aber nach fünf, sechs Wochen hat es sich dahin entwickelt, wie es sein sollte. Die neue Regelung ist positiv zu bewerten.
Würden Sie sagen, dass sich der Umgang Schiedsrichter-Spieler dadurch positiv entwickelt hat?
Ja, auf alle Fälle. Gerade das Verhältnis Schiedsrichter-Kapitän beziehungsweise die Kommunikation untereinander wurde dadurch auf ein höheres Niveau gebracht. Ich denke aber nicht, dass wir da schon am Ziel sind. Der Umgang muss immer noch besser werden.
Wie läuft so ein Prozess ab? Geben Sie bei einer neuen Regel bestimmte Handhaben klar vor oder lassen Sie einen Spielraum?
Wir werden über die Landesverbände mit Informationen versorgt. Zur neuen Saison gibt es dann immer ein Rundschreiben an alle Schiedsrichter mit den neuen Regelungen. Speziell bei der Kapitänsregel haben wir auf den ersten Lehrabenden nicht nur den Ablauf und die Gestiken, die zu machen sind, besprochen, sondern anhand bestimmter Beispiele einen gewissen Rahmen vorgegeben. Aber innerhalb dieses Rahmens hat jeder Einzelne natürlich seine ganz eigene Vorgehensweise. Wann setzt ein Schiedsrichter die Regelung ein? Wann macht er welche Gestik? Da können wir keinen klaren Spielraum vorgeben. Am Ende sind das immer noch Menschen, die miteinander umgehen – aufseiten der Schiedsrichter, aber auch der Spieler.
Wer waren die Top-Schiedsrichter aus dem Kreis und warum?
Die Leistungs-Schiedsrichter und -Schiedsrichterinnen sind unsere Aushängeschilder. Das ist zum einen Tim Otto, der ab der kommenden Saison Herren-Regionalliga pfeift. Die Entwicklung, die er genommen hat, ist schon bemerkenswert. Dann haben wir mit Leo Heckmann und Noah Traemann auch weiterhin zwei Schiedsrichter in der Oberliga, was mich auch total freut. Leo geht schon in seine vierte Saison dort, Noah jetzt in seine erste. Auch er hat sich den Aufstieg verdient durch eine Super-Leistung. Aber auch unsere Mädels Eyleen Budweg, Lena Iburg, Kira Walter und Mette Windhorst, die in der Frauen-Oberliga aktiv waren, haben gute Leistungen gezeigt. Die Schiedsrichter und Schiedsrichterinnen auf Verbandsebene sind super Vorbilder vor allem für unsere ganz jungen Schiris.
Mal abseits vom Spielfeld: Wie läuft es im Schiedsrichterwesen im Kreis Diepholz allgemein?
Ich würde schon sagen, dass es gut läuft. Natürlich ist unsere Rolle sehr von den Spielleitungen geprägt, das ist einfach unser Tagesgeschäft. Aber auch abseits des Platzes ist es wichtig, dass wir in den Austausch kommen, und das machen wir auch gut, nicht zuletzt auf den Lehrabenden.
Wo gibt es Verbesserungsbedarf?
Sicher beim Pflegen der Freitermine. Wir haben doch sehr viele Rückgaben, dass Schiedsrichter aus persönlichen Gründen nicht zu einem Spiel kommen können. Da hoffen wir, dass wir positive Schritte machen. Zudem müssen wir neue Schiedsrichter gewinnen. Auch wenn wir die Zahl konstant halten, merken wir, dass wir nicht alle Spiele besetzen können, weil einfach die Verfügbarkeiten mittlerweile andere sind als früher. Dadurch konnten wir in dieser Saison 14 Spiele nicht besetzen und mussten sie an die Vereine abtreten.
Erklären Sie doch mal, was es mit dem von Ihnen angesprochenen Patensystem auf sich hat.
Das Patensystem gibt es im gesamten DFB. Es ist so angelegt, dass Schiedsrichter in ihren ersten Spielen dreimal von einem Paten begleitet werden. Wir machen es in Diepholz so, dass wir nicht strikt bei drei Spielen Schluss machen, sondern auch weiter Paten zu den Spielen schicken, um die meist jungen Schiedsrichter weiterzuentwickeln. Ein Pate steht dem Jungschiedsrichter immer zur Verfügung und unterstützt ihn – zum Beispiel auch bei der Vor- und Nachbereitung eines Spiels. Dadurch lernen sie schon im jungen Alter erfahrene Schiedsrichter kennen, kommen in den Austausch und knüpfen Kontakte. Die Integration in das Schiedsrichterwesen fällt so deutlich leichter.
Es klappt also bestens?
Das Patensystem ist auf jeden Fall ein Erfolg. Im ersten Jahr, 2021/2022, hatten wir 36 Pateneinsätze. 2022/2023 waren es 59, letzte Saison schon 68 und in dieser Saison über 130. Das ist schon enorm. Die Entwicklung und Begleitung der jungen Schiedsrichter stehen klar im Vordergrund. Das ist unsere Zukunft. Wir fokussieren uns da klar auf die Jugend.
Wie ist das Feedback der jungen Schiedsrichter?
Überwiegend freuen sie sich, dass sie direktes Feedback von ihrem Paten kriegen. Und auch in den Patenberichten ist schön zu sehen, wie weit manch junge Schiedsrichter schon sind und wie sie sich selbst einschätzen können.
Zum Abschluss ein kleiner Ausblick: Gibt es neue Regeln?
Die auffälligste Änderung wird das „Halten des Balles durch den Torwart“ sein. Zur kommenden Saison wird die Zeit von sechs auf acht Sekunden erhöht. Von diesen acht Sekunden zeigt der Schiedsrichter die letzten fünf mittels eines Countdowns mit der erhobenen Hand an. Hält der Torwart den Ball zu lange, gibt es Eckstoß statt indirekten Freistoß. Dadurch wird zum einen die Brisanz etwas rausgenommen, aber das Zeitspiel durch den Torwart weiterhin unterbunden. Ansonsten gibt es nur ein paar Änderungen im Wortlaut bei den Regeln.